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Wie in den meisten Spielsportarten stellt auch im Eishockey die F\u00e4higkeit explosive Antritte und maximale Geschwindigkeiten zu generieren eine dominante Leistungsgr\u00f6\u00dfe dar. In kritischen Spielsituationen wie vor Torsch\u00fcssen, Zweik\u00e4mpfen oder Breaks\/Kontern hat der schnellere Athlet einen bedeutenden Vorteil. Die lange Off-Season im Eishockey bietet dabei hervorragende M\u00f6glichkeiten, um die Voraussetzungen f\u00fcr optimale Schnelligkeitsleistungen zu legen.<\/p>\n
In diesem Teil der Beitragsreihe werde ich eine ausf\u00fchrliche Bewegungsanalyse der Skatebewegung vornehmen. In Teil 2 der Reihe wird dargestellt, welche Konsequenzen sich daraus f\u00fcr das Krafttraining ergeben. Abschlie\u00dfend werde ich eine Case Study \u00fcber Marius Erk vom EC Bad Nauheim vorstellen. Diese gibt Einblicke in die praktische Umsetzung eines eishockeyspezifischen Krafttrainings und best\u00e4tigt die Effektivit\u00e4t anhand der dargestellten Ergebnisse leistungsdiagnostischer Testverfahren.<\/p>\n
Im\u00a0Eishockey\u00a0muss man die\u00a0Beschleunigungsphase\u00a0und die Phase maximaler Geschwindigkeit differenzieren. \u00c4hnlich wie im leichtathletischen\u00a0Sprint\u00a0bestehen zwischen beiden Phasen technische und damit auch kinematische Unterschiede, welche in der Trainingspraxis ber\u00fccksichtigt werden m\u00fcssen.<\/p>\n
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Die Beschleunigungsphase (Propulsive\u00a0Acceleration Phase) wird oft als \u201erunning\u00a0like motion\u201c\u00a0beschrieben. In dieser Phase findet w\u00e4hrend der ersten 3-5 Eiskontakte eine eher lineare Streckung der H\u00fcft- und Kniegelenke von vorne nach hinten statt. Biomechanische Analysen der Skatebewegung\u00a0[1,2,3] konnten zeigen, dass die Beschleunigungsf\u00e4higkeit eines Eishockeyspielers vor allem von einer explosiven H\u00fcft- und Kniestreckung abh\u00e4ngt. Aufgrund dieser Analysen wissen wir, dass \u00dcbungen mit gleichzeitiger Knie- und H\u00fcftstreckung wie\u00a0Kniebeugen, Hexbar-Kreuzheben, (Bulgarian-) Split-Squats,\u00a0Rei\u00dfen,\u00a0Sto\u00dfen, Z\u00fcge, (weighted) Squat Jumps, Countermovement Jumps etc. biomechanische Gemeinsamkeiten mit der Antrittsbewegung haben.<\/p>\n
Zeitlich stehen einem\u00a0Eishockeyspieler\u00a0relativ lange Bodenkontaktzeiten (Kufe hat Ber\u00fchrung mit dem Eis) zur Verf\u00fcgung. Nur w\u00e4hrend dieser Kontaktzeiten kann eine Beschleunigung stattfinden. Im Eishockey betragen diese ca. 0,28-0,5s [4]. Im leichtathletischen Sprint betr\u00e4gt die Bodenkontaktzeit in der Beschleunigungsphase nur 0,13-0,18s. Die Schnellkraftf\u00e4higkeit der Beinstreckerschlinge spielt also eine herausragende Rolle. Diese F\u00e4higkeit kann am Besten indirekt \u00fcber einen\u00a0Standhochsprung\u00a0mit (Countermovement Jump,\u00a0CMJ) und ohne (Squat Jump, SJ) Ausholbewegung dargestellt werden [6]. WICHTIG: Es herrscht noch keine Einigkeit dar\u00fcber, ob die Antrittsbewegung eher einem Squat Jump (rein konzentrische Impulsgenerierung) oder einem Countermovement Jump (zus\u00e4tzlicher langsamer Dehnungs-Verk\u00fcrzungs-Zyklus) entspricht. Deshalb sollten immer beide Leistungen getestet werden. Eine untergeordnete Rolle spielt hingegen die\u00a0Reaktivkraft\u00a0(gemessen als\u00a0Tiefsprung\/Dropjump), da ein schneller Dehnungs-Verk\u00fcrzungs-Zyklus, \u00fcber die Ausl\u00f6sung eines monosynpatischen Reflexbogens, h\u00f6chstwahrscheinlich ausgeschlossen werden kann. Erstens liegen die zeitlichen Grenzwerte zur Ausl\u00f6sungen eines solchen Reflexbogens deutlich unter denen der Bodenkontaktzeiten im Eishockey. Zweitens scheint keine ausreichende Dehnung\/exzentrische Muskelaktivit\u00e4t der Wadenmuskulatur, aufgrund des relativ geringen Bewegungsumfanges im Sprunggelenk, statt zu finden.<\/p>\n
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Zu Beginn der Beschleunigungsphase muss der Spieler zun\u00e4chst das Tr\u00e4gheitsmoment des K\u00f6rpers + Ausr\u00fcstung \u00fcberwinden. Daf\u00fcr ist eine hohe Relativkraft in der Beinstreckerschlinge (1RM Kniebeuge\/K\u00f6rpergewicht) vorteilhaft. Um auf dem Eis deutlich vom Krafttraining zu profitieren, sollte im Rahmen eines langfristigen Leistungsaufbaus eine Relativkraft von ca. 2,0 angepeilt werden [5]. Als Eishockeyspieler sollte man also in der Lage sein, bis zum zweifachen seines K\u00f6rpergewichts als Zusatzlast in der \u00dcbung Kniebeuge zu bewegen. Auch Relativkraftwerte von \u00fcber 2,0 k\u00f6nnen zu einer weiteren Leistungssteigerung f\u00fchren. Allerdings ist in diesem Fall der zeitliche Aufwand f\u00fcr entsprechende Leistungssteigerungen nicht unerheblich und geht oftmals auf Kosten anderer, m\u00f6glicherweise zu diesem Zeitpunkt effektiverer Trainingsinhalte.<\/p>\n
Die Phase maximaler Geschwindigkeit (Propulsive Gliding Phase) wird als \u201eGleiten\u201c beschrieben, wobei der Abdruck deutlich lateraler erfolgt (H\u00fcftabduktion und -au\u00dfenrotation) als in der Beschleunigungsphase (Vgl. Bild oben und unten). Dabei findet ein flie\u00dfender \u00dcbergang zwischen den beiden Phasen statt, welcher je nach Autor, mit dem 3. [3] bzw. 6. [1] Stride abgeschlossen ist.\u00a0Die sehr umfangreiche biomechanische Analyse von Buckeridge et al (2015) vergleicht die kinematischen Eigenschaften zwischen dem 2. Stride (Acceleration) und dem 6. Stride (Gliding\/Steady State Skating). Dabei konnte gezeigt werden, dass mit zunehmender Geschwindigkeit ein Shift von H\u00fcftextension zu H\u00fcftabduktion stattfand:<\/p>\n
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“In support, this study demonstrated a large emphasis on hip extension during ACC strides, and as the subject increased their skating velocity, that emphasis transitioned to hip abduction.”<\/em><\/p>\n Dar\u00fcber hinaus stellten sie fest, dass die Aktivit\u00e4t der Kniestrecker (Vastus lateralis und medialis) und das Bewegungsausma\u00df\/Range of motion (ROM) der Kniestreckung mit steigernder Geschwindigkeit ebenfalls zunahm. Dabei wurde das Bein nach der \u201eRecovery Phase\u201c (Phase in der das Bein nach vorne gef\u00fchrt wird und keinen Eiskontakt hat) mit einem zunehmend gebeugten Knie unter der H\u00fcfte aufgesetzt. Lafontaine (2007) verweist in diesem Zusammenhang auf eine ROM der Kniestreckung im 3. Stride von 55,7\u00b0 (71,3\u00b0 Kniebeugung im Moment des Eiskontaktes, 15,6\u00b0 Kniebeugung im Moment des Abdrucks). Somit findet eine explsoive Kniestreckung \u00fcber insgesamt 55,7\u00b0 satt, welche im 4. bis 6. Stride allerdings noch weiter zunehmen d\u00fcrfte (siehe oben).<\/p>\n Die zunehmende ROM in Knie- und H\u00fcftgelenk hat zur Folge, dass im Eishockey, anders als im leichtathletischen Sprint, die Bodenkontaktzeiten bei maximaler Geschwindigkeit zunehmen. Und zwar von 0,28-0,5s in der Beschleunigungsphase auf 0,48-0,57s in der Phase maximaler Geschwindigkeit. Ein zus\u00e4tzlicher Hinweis darauf, warum die\u00a0Reaktivkraft\u00a0selbst bei maximaler Bewegungsgeschwindigkeit keine Rolle spielt und sowohl\u00a0Squat\u00a0Jump\u00a0als auch Countermovement Jump teilweise hohe Korrelationen mit Sprints auf dem Eis aufweisen [6].\u00a0Neben der biomechanischen Analyse der unteren Extremit\u00e4ten gibt es Hinweise darauf, dass ein nach vorne geneigter Rumpf w\u00e4hrend dem skaten ein Merkmal schnellerer\u00a0Hockeyspieler\u00a0ist [2]. Dazu gibt es allerdings keine verl\u00e4sslichen Daten.<\/p>\n Die vorgestellten Analysen geben wertvolle Informationen \u00fcber die biomechanischen und neuromuskul\u00e4ren Anforderungen im Eishockey! Vor allem die\u00a0Relativkraft und die\u00a0Schnellkraftf\u00e4higkeit der Beinstreckerschlinge sind dominante Einflussgr\u00f6\u00dfen.\u00a0Einfache sportwissenschaftliche Testverfahren zur Ermittlung der dynamischen\u00a0Maximalkraft\u00a0(1RM Kniebeuge) und der Schnellkraftf\u00e4higkeit der Beinstreckerschlinge (SJ, CMJ) zeigen das Entwicklungspotenzial und neuromuskul\u00e4re Defizite von Eishockeyspielern auf. Au\u00dferdem k\u00f6nnen die spezifischen Bewegungsmerkmale der beiden Phasen wie H\u00fcftextension vs. H\u00fcftabduktion, Gelenkswinkel, Bodenkontaktzeiten etc. im Training ber\u00fccksichtigt werden, um m\u00f6gliche Schwachstellen auszugleichen.<\/p>\nFazit<\/h3>\n